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Generalkarte der Kriegsoperationen am Don und Dnjepr 1736. Manuskriptkarte. Feder u. Aquarell.
Los 55
Kategorie Topographie Graphik Ausland
Künstler anonym
General-Carten der Kriegs Operationen am Donn und Dnieper, Ihro Rußisch Ka serl: Ma l: Glorieusen Armée Ao. 1736. Manuskriptkarte. Anonym. Feder und Aquarell. Ca. 69 x 70,8 cm (Kartenrahmen), ca. 56,6 x 70,1 cm (Kartenfeld), 73-73,3 x 77,6-78,1 cm (Blattgröße). Maßstab ca. 1:1.070.000.

Die mit zahlreichen und brisanten Informationen versehene, handgezeichnete Militärkarte veranschaulicht die geostrategische Situation zu Beginn des Russisch-Österreichischen Türkenkrieges (1736-1739) im Gebiet zwischen dem Don (Donn) mit seinem rechten Nebenfluss Donez (Donetz) und dem Dnjepr (Dnieper Strohm). Als Anerkennung für die Pragmatische Sanktion war Österreich verpflichtet, dem Zarenreich bei einem Krieg gegen die Türken beizustehen. Russland suchte den Zugang zum Schwarzen Meer und die Kontrolle über den Bosporus und die Dardanellen. Der aus Oldenburg stammende russische Oberkommandierende Burkhard Christoph Graf von Münnich (1683-1767) agierte so erfolgreich, dass er sogar den Einzug der Zarin nach Konstantinopel plante. Dazu kam es nicht, da die Österreicher herbe Verluste gegen die Türken einstecken mussten und zum Frieden von Belgrad (1739) gezwungen wurden, dem auch Russland beitritt, das von da an zum Rivalen Österreichs auf dem Balkan wird.
Im Fokus des Karteninhalts steht das Kriegsgeschehen vom 16. März bis 20. Juni 1736. Die vielen kartographischen Details und Vermerke im Kartenbild werden anhand von 18 Buchstabensignaturen mit weiteren Details ergänzt, die Auskünfte geben über Marschrouten, Kampforte, Festungen und Festungslinien, Lager, Nachschubwege zu Lande und zu Wasser, Häfen, Magazine, Arsenale, Flüsse und Entfernungen sowie über die Gebiete der Kosaken und Tartaren. Die rote Befestigungslinie (Die Ukrainische Linie) im Norden wird nach 1739 weiter zugunsten des Zarenreiches nach Süden verschoben, das auch Asow (ASOFF) zurückgewinnt. Oberhalb von Asow ist auf einer Doninsel die Festung Sankt Anna (St: Anna) auszumachen, wo Feldmarschall Münnich seine militärischen Operationen startete. Er begann den Marsch auf Asow und begab sich dann nach Zaritschanka (Rendevous der Armée / bey Czaritzinka) nahe am Dnjepr und der roten Befestigungslinie. Hier begann über die grün-gelbe russisch-türkische Grenzlinie der Marsch nach der Krim (Crim). Grün-rote Signaturen und eine Punktlinie markieren die russischen Truppenteile und deren Marschrichtung. Die als unüberwindlich geltende Linie von Perekop wurde durchbrochen und die dahinter liegende Festung Or genommen. Beim Vormarsch in die Krim blieb in Bachtschyssaraj (Bakzisana ) selbst die Residenz des Khan nicht verschont. Halbmonde in den Ortssignaturen auf der Krim und in Otschakow (Oezakow) geben Zeugnis vom Islam. Die vier um die Krim dekorativ platzierten Schiffe verweisen auf türkische Häfen. Bergiges Gelände ist in Maulwurfshügelmanier angedeutet.
Die anonyme Handzeichnung geht auf eine Ordre des österreichischen Militärs zurück, nach der gemäß einer Instruktion Ende des 17. Jahrhunderts jeder kaiserliche Oberingenieur Karten wie diese anzufertigen in der Lage war. In der Legende rechts unten dürfte es sich um den schwierig zu entschlüsselnden Nachweis des ausführenden Militäringenieurs handeln. Nur Wien (Vien) ist deutlich erkennbar.
Der Manuskriptkarte folgten Kartendrucke, die exakt den geographischen Ausschnitt mit allen inhaltlichen Details wiedergeben. So stammt eine Karte von Joseph-Nicolas Delisle (1688-1768), Schüler von Jacques Cassini, des Leiters der Pariser Sternwarte. 1725 ging er nach Sankt Petersburg und war bis 1747 als Mitglied der Sankt Petersburger Akademie der Wissenschaften tätig. Als Mitautor des unter der Leitung von Leonhard Euler (1707-1783) und Johann Gottfried Heinsius (1709-1769) entstandenen „Atlas Rossijskoj“ erschien die Manuskriptkarte in verkleinertem Format und Maßstab 1745 in Sankt Petersburg. Neben der russischen erschien eine lateinische Ausgabe („Atlas Russicus“), wobei die Text- und Titelblätter auch in Deutsch und Französisch geliefert wurden. Bei Matthäus Seutter in Augsburg (1678-1756/57) erschien ein Nachstich der russischen Atlaskarte. Die angebotene Handzeichnung dürfte als Originalkarte den wenig später folgenden Drucken vorgelegen haben.

Sorgfältig restauriert. Randeinrisse geschlossen. Einzelne Einrisse bis ins Bild reichend. Eckfehlstelle ergänzt und minimale Bildfehlstelle nachgezeichnet.
Schätzpreis € 600
Zuschlag € 1.500